„Rekord bei Frauenquote in Schweizer Chefetagen“ titelte der Tagesanzeiger am 7. März. Und in der Bildlegende: „Frauen auf dem Vormarsch“. Der Schillingreport 2017 wurde gerade veröffentlicht. Dieser vermerkte einen leichten Anstieg des Frauenanteils in den Geschäftsleitungen der hundert grössten Schweizer Unternehmen. Von 6 auf 8 Prozent sei dieser gestiegen. Ein Grund zum Jubeln? Nein. Zwar ist ein Anstieg von 6 auf 8 Prozent ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Frauen sind deswegen noch lange nicht auf dem Vormarsch. Und nein, ich meine mit Vormarsch nicht, dass es mehr Frauen als Männer in Chefetagen geben sollte. Ich meine damit, dass gleich viele Frauen wie Männer Führungspositionen innehaben sollten. 8 Prozent Frauenanteil. Das ist nichts. Das heisst, nicht einmal jede zehnte Führungskraft ist eine Frau. Da von Fortschritt zu sprechen, ist Selbstverblendung.
Ich war früher gegen eine Frauenquote. Wie manche meiner Kolleginnen wollte ich eine Stelle bekommen, weil ich gut war. Weil ich meinen Job besser machte als die anderen Bewerberinnen und Bewerber. Weil ich am besten für die Stelle qualifiziert war. Eine Stelle nur wegen meines Geschlechts zu erhalten – das kam für mich nicht in Frage. Das war für mich nicht Gleichstellung, sondern Diskriminierung. Diskriminierung, weil ich in diesem Fall aufgrund meines Geschlechts und nicht wegen meinen Fähigkeiten eingestellt wurde.
Eigentlich bin ich immer noch gegen eine Frauenquote. Eigentlich will ich immer noch wegen meiner Qualitäten eine Stelle erhalten. Wegen meiner geleisteten Arbeit. Nicht wegen meines Geschlechts. Nie wegen meines Geschlechts. Aber: Eine Quote existiert bereits. Nicht eine Frauenquote. Eine Männerquote. Ja, liebe Leserinnen und Leser. Aber bevor Sie jetzt die Augen verdrehen, lassen Sie mich bitte erklären: Eine junge Frau und ein junger Mann, beide anfangs 30, beide in einer festen Beziehung, bewerben sich auf eine Stelle. Nehmen wir mal an als Marketingmanager/in. Beide haben die gleiche Ausbildung gemacht. Beide wirken sympathisch. Beide haben Berufserfahrung und positive Arbeitszeugnisse. Kurz: Beide haben genau die gleichen Voraussetzungen. Wer hat die grössere Chance, die Stelle zu erhalten? Ganz klar: der junge Mann. Warum? Die Frau birgt das grössere Risiko, für eine Weile auszufallen. Sie ist anfangs 30, in einer festen Beziehung. Wie sieht es mit der Familienplanung aus? Wenn es Kinder gibt, fällt die junge Frau für mindestens 14 Wochen aus. Mutterschaftsurlaub. Das allein sind schon über drei Monate. Und vielleicht will sie danach nur noch Teilzeit arbeiten. Einen oder zwei Tage pro Woche zu Hause bei ihrem Kind sein. Dies kann für das Unternehmen ein Risiko bedeuten.
Und der junge Mann? Will er keine Familie gründen? Die Chancen stehen da gleich hoch wie bei der Frau. Aber: Seine Familienpläne bergen in der Regel ein geringeres Ausfallrisiko. Männer haben keinen Vaterschaftsurlaub. – Wenn wir schon beim Thema Gleichberechtigung sind, hinken wir auch hier gewaltig hinterher. – Zwar arbeiten immer häufiger beide Elternteile Teilzeit. Aber es ist trotzdem noch immer vermehrt die Frau, die ihrer Karriere nicht mehr 100 Prozent nachgeht, wenn erst mal der Nachwuchs da ist. Dies verursacht unter anderem auch, dass weniger Frauen in den Chefetagen zu finden sind. Wer fünf Jahre 60 Prozent arbeitet, hat nicht die gleiche Arbeitserfahrung und Bindung zum Unternehmen wie jemand, der diese fünf Jahre 100 Prozent gearbeitet hat. Und somit auch geringere Chancen, befördert zu werden.
Zurück aber zu unserem Beispiel: Der junge Mann birgt für die Firma ein geringeres Ausfallrisiko. Wegen dem mangelnden Vaterschaftsurlaub. Weil Männer öfter als Frauen trotz Kinder 100 Prozent weiterarbeiten. Kurz: Er hat bessere Chance, die Stelle zu erhalten.
Es gibt die Quote. Männer erhalten eher eine Stelle, weil sie eben Männer sind. Und Frauen erhalten die Stelle manchmal aus dem Grund nicht, weil sie Frauen sind. Die Familienplanung ist hier nur ein Aspekt, warum Unternehmen eher Männer einstellen. Aber in manchen Fällen ist sie ein entscheidender Aspekt. Und genau deswegen brauchen wir eine Frauenquote. In Unternehmen. In Geschäftsleitungen. Überall. Und zwar nicht, damit Frauen wegen ihres Geschlechts eine Stelle erhalten. Viel eher, damit Frauen nicht mehr wegen ihres Geschlechts eine Stelle nicht bekommen.